Die Jahresausstellung 2019 im Josef Hoffmann Museum in Brtnice widmet sich dem Verhältnis Josef Hoffmanns (1870–1956) zu Otto Prutscher (1880–1949). Otto Prutscher, zehn Jahre jünger als Josef Hoffmann und Adolf Loos, gehörte der ersten Schülergeneration der Wiener Kunstgewerbeschule an, die von der Reform des Unterrichts unter der Direktion Felician von Myrbachs und von den jungen Professoren wie Josef Hoffmann und Koloman Moser profitieren sollte. Wie viele andere Studenten der Wiener Kunstgewerbeschule entstammte auch Otto Prutscher einem handwerklich geprägten Elternhaus. Sein Vater Johann Prutscher führte eine Kunsttischlerei und wurde sein erster Lehrmeister. Materialbeherrschung eignete er sich nicht nur hier an, sondern auch während seiner Zeit als Kunstgewerbeschüler, indem er in den studienfreien Sommermonaten zusätzlich eine Maurerlehre und eine Zimmermannspraxis absolvierte – eine Parallele zu Otto Wagners und Josef Hoffmanns Bildungsweg.
Die geglückte Aufnahme an der Wiener Kunstgewerbeschule 1897 führte Prutscher zur „Allgemeinen Abteilung“ in den Kurs für ornamentales Zeichnen bei Willibald Schulmeister und dann für zwei Semester in Josef Hoffmanns Fachschule für Architektur. Der Unterricht beim secessionistischen Architekten Hoffmann und beim vormodernen Maler Franz Matsch sollte sichtlich Spuren in Prutschers Entwürfen und ausgeführten Werken hinterlassen: einerseits eine hohe zeichnerische Qualität im Entwurf, andererseits die Orientierung an den jeweils aktuellen Tendenzen der Architektur.
Ab 1907 beginnt Prutscher für die Wiener Werkstätte zu arbeiten, ab 1909 unterrichtet Prutscher wie Hoffmann an der Kunstgewerbeschule. Mit Josef Hoffmann verbindet Otto Prutscher eine jahrzehntelange Zusammenarbeit für Projekte wie die Kunstschau 1908 oder die Werkbundausstellung in Köln 1914. Prutscher war wie Hoffmann entwerfender Architekt und Designer in allen Materialbereichen der angewandten Kunst, Ausstellungsgestalter, Lehrer und Mitglied aller wichtigen Reformkunstbewegungen, von der Secession bis zur Wiener Werkstätte und dem Werkbund. Auch Prutscher trieb die ungebändigte Schaffenskraft und Fantasie, die sich in Tausenden Skizzen niederschlägt. Das heute bekannte Werk Otto Prutschers umfasst zahlreiche Projekte: über 50 Bauwerke (Villen, Wohnhäuser, Portale), mehrere architektonische Projekte und Entwürfe, knapp 50 Ausstellungen, die er künstlerisch und organisatorisch gestaltete oder mitgestaltete, ca. 70 Einrichtungen für bekannte, über 100 für namentlich nicht bekannte Auftraggeber, über 300 Entwürfe und Ansichten von Einrichtungen sowie über 200 Einzelmöbel und Garnituren.
Die Entwürfe Otto Prutschers wurden von über 200 Unternehmen umgesetzt. Allein die Wiener Werkstätte realisierte Hunderte seiner Entwürfe. Für Thonet, Loetz Witwe und Wienerberger war er künstlerischer Berater, andere wichtige Herstellerbetriebe waren Backhausen, Klinkosch, Augarten, Meyr’s Neffe, Schappel und Melzer & Neuhardt. Selbst die Deutschen Werkstätten in Dresden erzeugten nach seinem Entwurf. Die Ausstellung im Josef Hoffmann Museum soll Otto Prutscher siebzig Jahre nach seinem Tode in seinem Verhältnis zu Josef Hoffmann präsentieren und seine bedeutende Rolle, die er für die Entwicklung der Wiener Moderne spielte, nachvollziehbar machen.
Kuratoren: Rainald Franz (MAK); Rostislav Koryčánek (MG)
Ausstellungsgestaltung: Itai Margula
Ort: Josef Hoffmann Museum, náměstí Svobody 263, Brtnice
Ausstellungsdauer: 1. Juli – 27. Oktober 2019