Die Kenntnis der Fremdsprache heißt auch die Kultur zu verstehen, meint die Landesrätin Barbara Schwarz Millionen Euro für den Deutschunterricht bestimmt In der Region Vysočina wurde letzte Woche eine langfristige tschechisch-österreichische Förderung des Deutschunterrichts in den Kindergärten sowie an den Grund- und Mittelschulen gestartet Jiří Varhaník - Jihlava/Iglau Etwa 150 Teilnehmer, vor allem Lehrkräfte, kamen am 28. November 2016 ins Hotel Gustav Mahler in Jihlava/Iglau anlässlich der Eröffnungskonferenz des grenzüberschreitenden tschechisch-österreichischen Projekts Bildungskooperation in der Grenzregion (BIG). Das Projekt soll innerhalb von vierzig Monaten zur Erhöhung des Interesses an der deutschen Sprache in den Schulen in der Region Vysočina finanziell wie auch methodologisch beitragen. Die Teilnehmer der Eröffnung des Projekts in Jihlava/Iglau trafen aus Wien, Ober- und Niederösterreich, aus den Regionen Südmähren, Südböhmen und Vysočina ein. Das gesamte Projekt wird im Rahmen des Operationsprogramms Interreg Österreich- Tschechische Republik finanziert. Wie die regionale Zuschussbildungsorganisation Vysočina Education (der einzige Partner des Projekts in der Region Vysočina) der Zeitung Jihlavské listy mitteilte, wird für die Förderung der deutschen Sprache eine Summe in Höhe von über 4,54 Mio. Euro bereitgestellt. Die vier österreichischen Partner beteiligen sich an diesem Budget mit einer Summe von 2.885.202 Euro, drei tschechische Partner tragen dazu mit der Summe von 1.661.827 Euro bei. Die Region Vysočina stellte für das Projekt sieben Millionen Kronen zur Verfügung als Vorfinanzierung auf der Basis eines Darlehens für Vysočina Education und die Mitfinanzierung. Die aktuelle Förderung des Deutschunterrichts in der Region Vysočina ist das Ergebnis der Deklaration über die Förderung dieser Fremdsprache in der Region, die im Jahre 2014 unterzeichnet wurde. Wie Roman Křivánek, Direktor von Vysočina Education, erklärte, gehe diese Deklaration von der Gemeinsamen Deklaration zur Förderung der Mehrsprachigkeit zwischen der Assoziation der Regionen der Tschechischen Republik, den Botschaften der BRD und Österreichs aus. Diese wurde im April 2012 gerade mit dem Ziel der Förderung der deutschen Sprache unterzeichnet. „Jeder Kindergarten oder jede Schule wird ganz andere Aktivitäten und etwas unterschiedliche finanzielle Ansprüche haben“, kommentiert die Kreisrätin für den Bereich Bildung und Schulwesen Jana Fialová (ČSSD) auf Befragung der Zeitung Jihlavské listy das Prinzip der Förderung aus dem Projekt. Im Allgemeinen soll die Unterstützung den Schulen helfen, den Unterricht zu verbessern – z.B. indem moderne Hilfsmittel oder methodologische Materialien für die Arbeit in der Klasse benutzt werden. Eine wichtige Komponente stellt auch die Pilotüberprüfung der Methodiken in den Schulen, die Weiterbildung der Lehrer sowie Studienaufenthalte dar. Zur Geltung soll auch z.B. die moderne Unterrichtsform der Fremdsprachen unter dem Einsatz von Videoaufnahmen gebracht werden, es werden des Weiteren vierzig Musterstunden des CLIL (Content and Language Integrated Learning) organisiert. Es sollen gemeinsame Aktionen der Kindergärten und Grundschulen oder ein Camp für Kinder veranstaltet werden. Wie Vysočina Education der Zeitung Jihlavské listy mitteilte, werden sich dem Projekt in der Region Vysočina acht Kindergärten, sechs Grundschulen und vier Mittelschulen anschließen. Einige Veranstaltungen sind auch für weitere Schulen, die sich dafür interessieren werden, bestimmt. Muttersprachlerin Eine der Teilnehmenden an der Eröffnungskonferenz war auch Kristin Eckholt, deutsche Muttersprachlerin, die während der ganzen Zeit des Projektverlaufs an vier Mittelschulen in der Region Vysočina die deutsche Sprache unterrichten wird. Sie wird hier in Form des Co-Teachings mit den Schülern, unterstützt von deren Deutschlehrern, die Konversationsübungen durchführen. Die Organisatoren des Projekts in der Region Vysočina versprechen sich von der Einbeziehung der Muttersprachlerin viel. „Es ist nur rein für die Region Vysočina, andere Partner haben diese Unterstützung für die Mittelschulen im Projekt nicht“, weiß Roman Křivánek zu schätzen. Der Einsatz eines Muttersprachlers hat sich seiner Ansicht nach schon im Rahmen der Zusammenarbeit der Region Vysočina mit der Region Champagne-Ardenne, wo der französische Partner den Lektor zusammen mit der Region Vysočina mitfinanziert, bewährt. „Ähnlich bemühten wir uns langfristig um einen österreichischen Lektor für die deutsche Sprache, nun sind wir wirklich froh, dass es uns gelang, finanzielle Mittel aus dem Projekt für einen Muttersprachler zu gewinnen – und Kristin ist wirklich wunderbar, das Unterrichten macht ihr Spaß und die Schüler respektieren sie“, schätzt Křivánek hoch ein. Wie der Deutschunterricht in einer spielerischen Form bei den Vorschulkindern in der Praxis aussehen kann, zeigte bei der Konferenz der Auftritt der Kinder aus dem Kindergarten Jihlava/Iglau und aus dem Spezialpädagogischen Zentrum Demlov. Unter der Aufsicht und Assistenz der Lehrerinnen führten sie eine Reihe von Liedern in deutscher Sprache, deren gemeinsames Thema Berufe waren (Förster, Koch, Feuerwehrmann, Maler), wie auch die Weihnachtsaufführung auf Deutsch vor. „Mein vierundhalbjähriger Sohn besucht diesen Kindergarten – jeden Tag bringt er neue deutsche Wörter nach Hause und es ist so schön zu sehen, wie sehr er sich darüber freut“, kommentierte den Auftritt der Konferenzmoderator Pavel Bláha. Auch in den Kindergärten wird im Rahmen der angehenden Bildungskampagne über die Vermittlung der Fremdsprache in Form des Co-Teachings verhandelt; dabei sollen sich die Deutschlektorin und die Kindergärtnerin im Deutschunterricht auf praktische Sachen aus dem Alltagsleben konzentrieren. Damit der Deutschunterricht erfolgreich wird, muss er der Ansicht der Lehrer nach den Kindern unbedingt auf eine attraktive und spielerische Art und Weise angeboten werden. An den Mittelschulen ist dann auch die Zusammenarbeit mit den Eltern und den Vertretern der deutschen Firmen von Bedeutung. Während der Konferenz BIG in Jihlava/Iglau fanden auch praktische Workshops statt, es wurde aber nicht nur über die deutsche Sprache gesprochen. Die Lehrkräfte aus der ganzen Tschechischen Republik und aus Österreich diskutierten auch darüber, ob wir zukünftig noch mit der traditionellen Form des Bildungssystems auskommen werden oder ob es zu seiner radikalen Wandlung kommt. Zu diesem Thema sprach z.B. die Leiterin des Kindergartens Mozaika in Jihlava/Iglau, Jarmila Bučková; einen hervorragenden Vortrag zur Veränderung des Paradigmas (eines allgemein anerkannten Schemas oder einer Denkweise) hielt dann Václav Trojan. An der Paneldiskussion nahm auch der Direktor der Abteilung für Bildung und Schulwesen der Region Vysočina, Kamil Ubr, teil. Die Kenntnis der Sprache verleiht uns ein Gesicht, sagte die niederösterreichische Landesrätin. Das langfristige tschechisch-österreichische Projekt zur Förderung der deutschen Sprache in der Region Vysočina verläuft unter der Ägide der Landesrätinnen für Bildung und Schulwesen aus den beiden benachbarten Regionen – Niederösterreich vertritt Barbara Schwarz und die Region Vysočina dann Jana Fialová. Bei der Eröffnung im Hotel Gustav Mahler in Jihlava/Iglau betonte Jana Fialová die Bedeutung der Arbeit der Lehrer und Schulleiter, die sich der deutschen Sprache widmen. „Diese Fremdsprache sollte in unserer Region wiederbelebt werden und zurückkehren. Heute konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die englische Sprache, und Deutsch verkommt mehr und mehr“, sprach sie den vollen Saal an. In einem ähnlichen Geist sprach auch die niederösterreichische Landesrätin Barbara Schwarz wortwörtlich über die „sprachliche Offensive“. „Das, was uns am besten verbindet, das ist immer die Sprache“, konstatierte sie an die Adresse aller Menschen auf beiden Seiten der Grenze, „es gibt viele Dinge, die wir in unserer gemeinsamen Geschichte bearbeiten müssen, wenn ich mich aber mit jemanden unterhalte, wenn ich kommunizieren kann, werden viele dieser Hindernisse aufgehoben, die Menschen bekommen ein Gesicht, sie werden für mich zu einer Persönlichkeit und alles wird viel einfacher.” Der Ansicht der niederösterreichischen Landesrätin nach können wir dank der Kenntnis einer weiteren Fremdsprache über Gott und die Welt sprechen und Freundschaften schließen: „Wenn die Kinder erwachsen werden, wird es dann viel komplizierter“, betonte sie. Sie hoffe, dass bis dahin Europa weiter zusammenwachsen wird, die Menschen häufiger ins Ausland fahren werden, um dort zu arbeiten, alles sich mehr öffnen wird und unsere Kinder größere Chancen haben werden, sich in den Fremdsprachen zu verständigen. „Ganz wichtig sind dann die Chancen in den Nachbarländern. Neben dem Englischen als Weltsprache, das bald alle sprechen werden, ist die Kenntnis der Sprache der benachbarten Länder von großer Bedeutung, denn die Kenntnis der Fremdsprache heißt auch, die Kultur und die Traditionen zu verstehen und zu begreifen“, erklärte Barbara Schwarz in Jihlava/Iglau.